Nach der Jahrestagung der VORORT Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte EWIV im Oktober 2009 habe ich Frau Prof. Dr. Anna Maria Pircher-Friedrich im März 2010 bei einer öffentlichen Veranstaltung in der Rhön wiedergetroffen.
Ich durfte sie vom Bahnhof abholen und wir hatten also bereits vor ihrer Veranstaltung und auch noch danach Zeit, um uns über das Thema ihres Vortrages »Gesundheit, Erfolg und Erfüllung« zu unterhalten.
Hier im Ausschnitt also Fragen und Antworten rund um dieses spannende Thema.
TR: Wie schätzen Sie die momentane Situation ein?
Prof. Pircher-Friedrich: Wir befinden uns in einer Umbruchsituation, in der ein »Weiter so wie bisher« nicht zu einer gesicherten humanen und wirtschaftlichen Zukunft führt. Wir haben in den letzten Jahrzehnten aus wissenschaftlich-technischer Sicht ein hohes betriebswirtschaftliches Niveau erreicht, aber dabei vergessen, der Frage nachzugehen, was Menschen wirklich brauchen, um ihr Leben, Leisten, Wirken und Bewirken zum Gelingen zu bringen. Auf dieses Defizit und auf das Verkennen der Sinn- und Werteorientierung des Menschen, sind viele der heutigen Fehlhaltungen und Probleme zurückzuführen. Wo aber Sinn- und Wertelosigkeit herrschen, erkranken Menschen, Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Sinnorientierung wird zur größten Herausforderung und Ressource der Zukunft. Menschen und Unternehmen brauchen ein »Wozu« und ein »Wofür«.
TR: Was sollen wir also tun?
Prof. Pircher-Friedrich: Zunächst gilt es, gedankliche Fehlhaltungen, die Erfolg, Sinn und einem gesunderhaltenden Leben im Weg stehen, über Bord zu werfen. »Leidgedanken«, die uns selber und anderen Menschen schaden, gilt es durch sinnvolle Leitgedanken zu ersetzen. Nachfolgende einseitige Denkhaltungen verhindern langfristigen Erfolg, menschliches Wachstum, Erfüllung und Lebensqualität:
- Unser einseitiges »Entweder – Oder« Denken
- Unsere Haltungen im Hinblick auf wirtschaftlichen Erfolg, Sinn, Glück, Anerkennung
- Unsere Haltung zuerst »Nehmen« zu wollen
- Der Machbarkeitswahn
- Unsere verkürzten Menschenbilder
TR: Was heißt das aber für jeden Einzelnen von uns?
Prof. Pircher-Friedrich: Unsere Menschenbilder programmieren unternehmerischen Erfolg oder Misserfolg. Sie entlarven, wes Geistes Kind wir sind. Unser Menschenbild – Selbstbild und Weltbild prägt:
- unser Beobachten, Wahrnehmen und Erkennen
- unser Denken
- unser Handeln und Verhalten.
Unternehmen und Führende schaffen aufgrund ihres Menschenbildes Wirklichkeiten und Zukünfte.
Jede nachhaltige Veränderung muss deshalb beim Menschenbild ansetzen, um eine menschenwürdige und wachstumsfördernde Zukunft zu gestalten. Das sinnzentrierte Führungskonzept, aufbauend auf dem Menschenbild Frankl’s, schlägt eine Brücke zwischen dem Menschen in seiner ganzheitlichen Kompetenz und der ökonomischen Effizienz und Effektivität und zeigt auf, wie immaterielle Werte in Steuerungs- und Führungssysteme integriert
werden können, um die Würde des Menschen und die nachhaltige Wertsteigerung des Unternehmens in Einklang zu bringen. So ist es möglich, den wachsenden Herausforderungen zu trotzen und über glückliche Menschen zu »glücklichen Bilanzen« zu gelangen.
TR: Was heißt das für uns Chefs in unseren kleinen Unternehmen?
Prof. Pircher-Friedrich: Natürlich wird Führungsleistung an Wirkung gemessen: Um Sinn zu erfahren, erfolgreich zu sein und gesunderhaltend zu leben, müssen wir uns immer wieder folgende Fragen stellen: An welchen materiellen Werten und immateriellen Werten möchte ich gemessen werden? Wofür möchte ich gelebt und geleistet haben, welche Spuren möchte ich hinterlassen? Was habe ich zu GEBEN? Womit kann ich DIENEN? Wenn Unternehmer /Führende sinnorientierte Geisteshaltungen verinnerlichen, übertragen sie diese positive Atmosphäre auf ihre Mitarbeiter, welche mit diesem wohlwollenden Geist dem Kunden begegnen und echte Begegnungen, die zu Kundenloyalität führen, möglich machen.
Wo Menschen mit Leib und Seele bei ihrer Arbeit sind, haben Langeweile, Apathie und Burnout keinen Platz. Auf diesem Weg herzlichen Dank für ihre Ausführungen und die wunderbare Begegnung und, dass sie es für uns Steuerberater und für unsere Kunden auf den Punkt gebracht haben: Wir gelangen über glückliche Menschen zu »glücklichen Bilanzen«.
Autor/Textnachweis: Thomas Rösch